26.06.2019 | Sesotec
Kunststoff: Teil des Problems… Teil der Lösung - Teil 1: Ein globales Problem
Eine Welt ohne Plastikmüll: Diese schöne Vorstellung scheint rund 70 Jahre nach dem ersten Produkt aus Plastik weit entfernt. Doch was als Abfall wie ein Fluch erscheint, ist als Werkstoff äußerst attraktiv. Ein anderer Umgang mit Kunststoffabfällen muss her. Welche Rolle die Abfall- und Recyclingwirtschaft dabei spielt, erklären wir in einer mehrteiligen Serie. Teil 1 führt uns nach China und Europa.
Die Plastikproduktion nahm in den letzten Jahrzehnten
weltweit stark zu und liegt aktuell bei der zweihundertfachen Menge dessen, was
noch 1950 aus den Fabriken kam. Europa
verursacht ein Viertel des weltweiten Plastikverbrauchs, hauptsächlich aus Verpackungen,
die nach kurzer Anwendung im Müll landen. Außerdem wird Plastik in Baugewerbe (20%),
für Fahrzeuge (8,6 %) und in der Elektronik (5,7%) verwendet.
China und EU erhöhten den Druck
Gebrauchter
Kunststoff gilt heute noch oftmals als Müll und als zu entsorgendes Problem. Eine
immense Menge davon ging in den vergangenen Jahren nach China und damit einer
vermeintlichen Lösung zu. Rund 51 Prozent (7,5 Millionen Tonnen) des
Weltplastikabfalls landete 2017 dort. Bis dato war China der größte Abnehmer
weltweit. Abfall mit Schiffen dorthin zu transportieren und die Schiffe dann
für den Rückweg mit neuen Konsumgütern zu beladen, war lange ein einträgliches
Geschäftsmodell. Durch Chinas sogenannte „National Sword“-Initiative ist das
mittlerweile schwieriger. Was genau steckt dahinter?
Im Januar 2018 hat
die chinesische Regierung mit dem „National Sword“ den Import von minderwertigem
Plastikmüll gestoppt. Nur noch Kunststoffabfälle mit einem Reinheitsgrad von
99,5 Prozent dürfen ins Land. China will nicht mehr länger als Deponie für
andere Länder dienen. Auch andere asiatische Staaten, die kurzfristig die
Abfälle aufnahmen und noch aufnehmen, sind überlastet, werden über kurz oder
lang Einfuhrverbote erlassen und sind damit kein Ausweg. Das stellt die Abfall-
und Recyclingwirtschaft vor Herausforderungen. Alternativen sind gefragt.
Auch die EU hat das Problem erkannt und in ihrer Plastikstrategie Anfang
2018 fixiert. Das darin formulierte Ziel: Bis 2030 sollen alle
Kunststoffverpackungen entweder wiederverwendbar oder auf kostengünstige Art
und Weise recycelbar sein.
Eine weitere Herausforderung, die die Abfall- und
Recyclingwirtschaft letztendlich vor die gleiche Aufgabe stellt, wie Chinas
„National Sword“-Initiative: den Kunststoffabfall in möglichst reiner Qualität
der Wiederverwertung zuzuführen. Denn dies ist eine zwingende Voraussetzung für
seine Verwendung als Sekundärrohstoff.
Plastik ohne Ende
Im Jahr 1950 kam das erste Plastikprodukt auf den Markt.
Damals wurden weltweit jährlich etwa 1,5 Millionen Tonnen Plastik
produziert. Heute (2017) sind es weltweit rund 350 Millionen Tonnen im Jahr.
Von 1950 bis 2017 sind insgesamt 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff erzeugt
worden. Der größte Plastikhersteller ist China (26%), gefolgt von
Europa (20%) und Nordamerika (19%). Nach Schätzungen wird sich die Plastik
Produktion auf 1124 Millionen Tonnen vergrößern. (Plastics Europe)
Schwimmendes Problem
150 Millionen Tonnen
Müll schwimmen bereits auf den Weltmeeren, drei Viertel davon sind Kunststoffe,
und jedes Jahr kommen eine Million Tonnen dazu. Viele Meereslebewesen verenden
kläglich daran. Welche Effekte der Kunststoff in den Weltmeeren auf die
Gesundheit der Menschen hat, die ihn wiederum über die Nahrungskette aufnehmen,
ist noch nicht erforscht. Belegt ist allerdings die Tatsache, dass Kunststoff
erst nach 350 bis 400 Jahren abgebaut ist.
Vor allem
Verpackungsmaterialien, die am Strand deponiert werden, Rückstände aus Flüssen
sowie Abfälle aus der Fischerei wie Netzreste oder Taue, sind für die Meeresverschmutzung
und Leiden vieler Meereslebenswesen verantwortlich.
Langfristig muss das Ziel sein, Kunststoffabfälle im Meer gänzlich zu
vermeiden. Aber das kann nur gelingen, wenn sich eine Kreislaufwirtschaft
einstellt und der Wert des vermeintlichen Abfalls endlich erkannt wird.
Wo sie treiben:
Plastikteppiche der Meere
Die Kunststoffabfälle sammeln sich hauptsächlich in
fünf Gebieten: im Nordpazifik, im Indischen Ozean, im Südpazifik, im Nord- und
Südatlantik jeweils in der Nähe des Äquators, wo verschiedene Wasserströmungen
und -temperaturen aufeinandertreffen.
Der größte Müllteppich ist der Great Pacific Garbage
Patch im Nordpazifik mit einer Fläche von
rund 1,6 Millionen Quadratkilometern befinden sich geschätzte 1,8 Billionen
Plastikteilchen.
Auf die Reinheit kommt es an
Schnelle und
sinnvolle Wege zur Verwertung, dort, wo der Müll anfällt, sind unabdingbar,
denn der Plastikverbrauch und damit auch der Abfall nehmen stetig zu.
Auch aus
Nachhaltigkeitsperspektive ist ein Umdenken gefordert. Plastikabfall kann nicht
mehr länger als Müll betrachtet werden. In Zeiten schwindender fossiler
Ressourcen ist er ein wertvoller Rohstoff.
Nur eine sehr gute
Qualität der Recyclingmaterialen ermöglicht eine stoffliche Verwertung auf
hohem Niveau.
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