Der momentane Stand der Plastikkreislaufwirtschaft in Europa ist trotz der Bemühungen der EU noch weit von den gesteckten Zielen entfernt. Monatlich produziert jeder Europäer durchschnittlich drei Kilogramm Plastikmüll. Allein 2020 wurden laut Angaben der OECD weltweit 450 Millionen Tonnen Kunststoff hergestellt. Diese Menge könnte sich bis 2060 verdreifachen. Obwohl die EU "Recyclingrekorde" verzeichnet, werden nur etwa 40 % des Altplastiks in Europa tatsächlich recycelt. Der Rest wird verbrannt oder landet in Gewässern und Böden. Jüngste Recherchen von Investigate Europe zeigen, dass es innerhalb der EU noch ein starkes Ungleichgewicht gibt. Einige europäische Länder setzen nach wie vor hauptsächlich auf Entsorgung und betreiben nur wenig Recycling.
Um ein funktionierendes System ohne finanzielle Verluste, Kunststoffabfälle
oder Verschmutzung zu schaffen, ist ein systemischer Ansatz erforderlich: eine komplette
Neugestaltung der Herstellung, Verwendung und Wiederverwendung von Kunststoffen
und eine Umgestaltung des zugrundeliegenden Systems.
Die Ellen MacArthur Foundation, eine gemeinnützige Organisation, die sich für
die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft einsetzt, hat sechs Kernpunkte
herausgearbeitet, die die Vision
einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe umfasst:
Eine häufig diskutierte Lösung zur Verbesserung des Kunststoffrecyclings ist eine gesetzliche Mindestquote, die vorschreibt, welcher Anteil von Kunststoffabfällen recycelt werden muss. Das würde zu mehr Sortierung und somit auch einer höheren Verfügbarkeit von recyceltem Material führen. Eine weitere Maßnahme wäre eine gesetzliche Mindestquote für den Einsatz von Rezyklat in bestimmten Kunststoffprodukten. Aktuell gibt es in der EU und Deutschland nur Recycling-Quoten für PET-Einwegflaschen. Ab 2025 müssen diese zu mindestens 25 % aus recyceltem Material bestehen, ab 2030 zu 30 Prozent. Schon jetzt hat Deutschland diese Hürde geknackt und nimmt mit 40% Rezyklatanteil in PET-Flaschen europaweit eine Vorreiterrolle ein. Die Europäische Kommission schlug im November 2022 nun auch noch eine verbindliche Quote für recyceltes Material in allen neuen Kunststoffverpackungen vor.
Auch eine Ausweitung der Pfandsysteme auf weitere Produktgruppen könnte die Recyclingquote erhöhen. Pfandsysteme ermöglichen es, Kunststoffabfälle sauber zu trennen und hochwertiges Rezyklat herzustellen.
Doch um die Ziele der EU auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft zu erreichen, sind mehr als nur Quoten erforderlich. So muss von Anfang an für jede Verpackung ein intelligentes Design für Recycling gemäß strenger Vorgaben entwickelt werden. Darüber hinaus müssen hohe Recyclingquoten nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten EU umgesetzt werden, um ausreichend Rezyklat für Lebensmittelverpackungen zu gewinnen. Zudem sollten neue Recyclingtechnologien schneller auch für den Lebensmittelbereich zugelassen werden.
Quelle:
https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/klimaschutz/mehrweg-fuers-essen-to-go-1840830
Es ist zwar immer noch ein weiter Weg, doch die Bemühungen zur Förderung des Recyclings von Kunststoffverpackungen tragen schon erste Früchte. 2021 wurde in Deutschland eine werkstoffliche Recyclingquote von 65,5% erreicht, was einem Anstieg von 5% im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Damit wurde die erhöhte Recyclingvorgabe von 63%, die seit 2022 gilt, sogar übertroffen. Seit Einführung des Verpackungsgesetzes im Jahr 2019 ist die Recyclingquote um 55% gestiegen.
Auch der Design-for-Recycling-Ansatz zeigt erste
Erfolge. Laut einer Studie der GVM (Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung)
sind 74% der haushaltsnah gesammelten Kunststoffverpackungen gut recyclingfähig.
Im Jahr 2016 waren es noch 66%. Um diesen Trend beizubehalten, geht zum
Beispiel die deutsche Bundesregierung mit der Erweiterung des Verpackungsgesetzes noch einen Schritt weiter. So sind seit Anfang 2022 alle Einweg-Getränkeflaschen
aus Kunststoff und alle Getränkedosen pfandpflichtig. Um dem täglich tonnenweise
entstehenden Verpackungsmüll durch Take-away-Einwegverpackungen
entgegenzuwirken, müssen Gastronomiebetriebe ab diesem Jahr zudem auch Mehrwegbehälter
für Essen und Getränke zum Mitnehmen anbieten.Für wiederverwendbare
Kaffee-To-Go-Becher haben sich bereits verschiedene Systeme etabliert. Auch
sind aufgrund des EU-weiten Exportverbots für schwer recycelbare
Kunststoffabfälle die Abfall-Exporte nach China und Südostasien seit 2016
erheblich gesunken.
Laut einer Studie der GVM und des Ifeu-Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg mit dem Titel „Der Beitrag kreislauffähiger Verpackungen zum Klimaneutralitätsziel 2045“ könnten die Treibhausgasemissionen, die durch Rohstoffproduktion, der Packmittelproduktion, der Distribution sowie der Entsorgung und Verwertungentstehen, bis 2045 um 94 % gesenkt werden. Der Studie zufolge habe der Verpackungsverbrauch in Deutschland seinen Höhepunkt im Jahr 2021 erreicht und werde künftig kontinuierlich abnehmen. Gleichzeitig werde der Einsatz von Rezyklat steigen.
Probleme der Kunstoffverarbeiter
Die schwache Nachfrage, hohe Energiekosten und der Fachkräftemangel bereiten aktuell (Mai 2023) Kunststoffverarbeitern Sorgen. Fast jedes fünfte Unternehmen hat seine Produktion in erheblichem Umfang reduziert. Auch für die kommenden Monate sind die Aussichten düster, da mehr als ein Drittel der Unternehmen einen Abbau von Arbeitskräften in der Branche erwartet. Hauptgrund für die aktuelle Krise sei laut der IK (Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V.) die schwache Nachfrage nach Kunststoffverpackungen. Die seit März fallenden Rohstoffpreise haben einen negativen Einfluss auf die gesamte Kunststoffkreislaufwirtschaft. Kunststoffverarbeiter stehen z.B. vor dem Problem, dass sie teures Recyclingmaterial kaufen müssten, um die Quoten zu erfüllen. Darunter leidet aber die Profitabilität.
Probleme der Kunsttoffrecycler
Aufgrund des anhaltenden Preiskampfes entscheiden sich Kunststoffverarbeiter häufig für das billigste Angebot und setzen vermehrt Virgin Material ein, was wiederum die Kunststoffrecycler in Bedrängnis bringt, wie der Fachverband Kunststoffrecycling beim bvse erläutert. Die Nachfrage nach Altkunststoffen ist so niedrig, dass teilweise die Produktion eingeschränkt oder gar stillgelegt werden müsse. Auch der Lagerbestand von Regranulaten, Mahlgütern und Compounds wachse stetig. Aufgrund der schwachen Nachfrage nähmen die Abnehmermärkte zu wenig Sekundärmaterial auf. Besonders prekär sei die Lage im Bereich des PET-Recyclings.
Insgesamt ist die Kunststoff-Kreislaufwirtschaft in Europa trotz der Bemühungen der EU noch weit von den gesteckten Zielen entfernt. Die Recyclingquote liegt bei nur etwa 40 %, während die Produktion von Kunststoffen weiter zunimmt. Es bedarf grundlegender Veränderungen im Herstellungs-, Verwendungs- und Wiederverwendungsprozess von Kunststoffen, um eine nachhaltige und umweltfreundliche Nutzung zu erreichen. Gesetzliche Mindestquoten für Recycling und den Einsatz von Rezyklaten sowie die Ausweitung von Pfandsystemen können hilfreiche Maßnahmen sein. Trotz einiger Fortschritte besteht immer noch die Herausforderung, ein funktionierendes System ohne finanzielle Verluste, Kunststoffabfälle oder Verschmutzung zu schaffen.
Ein systemischer Ansatz und der verstärkte Einsatz innovativer Sortiertechnologien und Lösungen sind erforderlich, um die Wettbewerbsfähigkeit und gleichzeitig auch die Profitabilität der Recycler sicherzustellen. Dies ist Voraussetzung, um die Recyclingquote zu verbessern, den Rezyklateinsatz zu fördern und das langfristige Ziel einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu verwirklichen.