Als Food Grade Rezyklat bezeichnet man Rezyklat, das überwiegend aus Kunststoff-Lebensmittelverpackungen hergestellt und durch ein zugelassenes Verfahren dekontaminiert wurde. Das Inputmaterial muss strenge Vorgaben erfüllen und für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sein. Im Wesentlichen geht es darum, dass Substanzen aus der Verpackung nicht in gesundheitsgefährdenden Mengen auf das Lebensmittel übergehen dürfen und dass das Lebensmittel hinsichtlich Geschmack, Geruch und Zusammensetzung nicht beeinträchtigt werden darf.
Es gibt verschiedene Arten von lebensmittelechten Kunststoffen, die speziell entwickelt wurden, um nicht nur die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, sondern auch die Frische und Qualität der darin aufbewahrten Lebensmittel zu erhalten.
Um festzustellen, ob ein Material lebensmitteltauglich und als solches auch zu recyceln ist, prüft man am besten den Recyclingcode auf der Verpackung. Im Regelfall stehen die Zahlen 1 bis 6 für lebensmitteltauglichen Kunststoff.
Die Nachfrage nach recycelten
Kunststoffen, insbesondere für die Verwendung in Lebensmittel- und
Getränkeverpackungen, steigt stetig. Gleichzeitig ist jedoch das Angebot an
lebensmitteltauglichen recycelten Polymeren sehr begrenzt. Gründe hierfür sind
die geringe Menge und Qualität von Post-Consumer-Abfällen, kostspielige
Sortier- und Waschtechnologien zur Beseitigung von Verunreinigungen sowie die
Notwendigkeit von Genehmigungen durch lokale Behörden.
Zwei wichtige zentrale Behörden sind die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die amerikanische
Food and Drug Administration (FDA) und. Ihre größten Sicherheitsbedenken
beziehen sich auf Verunreinigungen aus Post Consumer Abfällen, die für die
menschliche Gesundheit schädlich sein können. Laut ICIS Mechanical Recycling Supply Tracker machen lebensmitteltaugliche Kunststoffe derzeit nur
10 % der weltweiten Jahreskapazität an recycelten Polymeren (rPET, rPE und rPP)
von mehr als 45 Millionen Tonnen aus.
Da gerade im
Lebensmittelbereich die Anforderungen an die Reinheit des Rezyklats extrem hoch
sind, reicht es für die Herstellung von Food Grade Rezyklat nicht aus, Kunststoff
aus einer lebensmitteltauglichen Verpackung einfach nur zu recyceln. Es braucht
fundierte Fachkenntnisse im Recyclingprozess und vor allem auch die richtige
Prozesstechnik, um lebensmitteltaugliches
Rezyklat herzustellen. Multi-Sensor-Sortiersysteme,
die Fehlfarben, Fremdkunststoffe und Metallpartikel vorab aussortieren, gewährleisten
zum einen eine hohe Materialreinheit zur Erfüllung höchster
Qualitätsanforderungen und zum anderen einen hohen Materialdurchsatz für gesteigerte
Profitabilität.
Die Sicherheit von Materialien, die mit Lebensmitteln direkt in Berührung kommen, muss im Vorhinein bewertet werden, da chemische Stoffe von den Materialien auf die Lebensmittel übergehen können. Diese Sicherheitsbewertung – sowohl von Inputmaterialien als auch von Recyclingverfahren zur Produktion von Rezyklat für den Lebensmitteldirektkontakt – erfolgt in Europa durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food and Safety Authority, EFSA). In den USA ist die Food and Drug Administration (FDA) die für die Lebensmittelsicherheit zuständige Behörde.
Die Verordnung (EU) Nr. 10/2011 der Kommission legt Kriterien für die in Lebensmittelkontaktmaterialien verwendeten Kunststoffe fest. Zum einen bestimmt sie den Gesamtmigrationsgrenzwert, zum anderen enthält sie eine Liste der Stoffe, die zur Herstellung von Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff zugelassen sind. So liegt der zulässige Gesamtmigrationsgrenzwert für alle Stoffe, die von den Lebensmittelkontaktmaterialien in Lebensmittel übergehen können, bei 10 mg je Quadratdezimeter der mit Lebensmitteln in Berührung kommenden Fläche. In einigen Fällen ist der Gesamtmigrationsgrenzwert als 60 mg/kg Lebensmittel angegeben.
Weil jedoch die entsprechenden Materialien nach ihrer Verwendung nicht mehr der Kunststoffverordnung entsprechen, da sie mit anderen Stoffen verunreinigt sein können, gibt es eine separate Verordnung zur Kontrolle der Recyclingprozesse: Verordnung (EG) Nr. 282/2008 über Materialien aus recyceltem Kunststoff und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen.
In den Vereinigten Staaten finden vermehrt Post Consumer Rezyklate (PCR) Verwendung in der Herstellung neuer Lebensmittelverpackungen. Wenn die Industrie gebrauchte Polymere zur Herstellung neuer Lebensmittelbehälter recyceln möchte, schaltet sich die FDA für eine Sicherheitsbewertung ein. Geprüft wird, ob Verunreinigungen aus dem PCR-Material in das daraus hergestellte Endprodukt gelangen können und ob Hilfsstoffe im PCR-Kunststoff möglicherweise nicht den Vorschriften für die Verwendung im Lebensmittelkontakt entsprechen. Um diese Bedenken auszuräumen, prüft die FDA jede vorgeschlagene Verwendung von recyceltem Kunststoff von Fall zu Fall und gibt eine informelle Stellungnahme dazu ab, ob der Recyclingprozess voraussichtlich PCR-Kunststoff von geeigneter Reinheit für Anwendungen im Kontakt mit Lebensmitteln ergibt.
Aufgrund
des sehr geringen Migrationsrisikos von PET erreichen vor allem diese Recyclingverfahren
die strengen Anforderungen der EFSA in Bezug auf die Verwendung im
Lebensmittelbereich. Im Gegensatz zu vielen anderen Kunststoffverpackungen, können
PET-Flaschen, nicht zuletzt durch gut funktionierende Sammel- und Pfandsysteme,
leicht automatisch aussortiert werden. Europaweit werden etwa 57% aller am Markt befindlichen PET-Flaschen wieder
eingesammelt und recycelt. In Deutschland und einigen anderen Ländern liegt die
Rücklauf-Quote sogar bei 90%.
Am weitesten verbreitet ist das sogenannte Bottle-to-Bottle-Verfahren, bei dem mithilfe innovativer Recyclingtechnologien lebensmittel-taugliches PET-Regranulat für die erneute Herstellung von Getränkeflaschen produziert wird. Dies erfordert jedoch zusätzliche Reinigungsschritte, die sogenannten „super-clean“ Prozesse, die einer Zulassung durch die EFSA unterliegen. So dürfen nur Recyclingbetriebe mit einem effektiven Reinigungsprozess und einem Qualitätssicherheitskonzept PET-Rezyklate produzieren, aus denen wiederum neue PET-Flaschen hergestellt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Migration sind diese PET-Rezyklate nicht von Neuware zu unterscheiden. Der Rezyklat-Anteil in PET-Flaschen kann bis zu 100% betragen, 2021 sind 50% Standard.
Ein
Großteil aller Lebensmittelverpackungen besteht aus
Kunststoff-Mehrschichtverbunden, um die hohen Anforderungen an den Schutz und
die Sicherheit von Lebensmitteln zu erfüllen. Diese Mehrschichtverbunde können
jedoch mit heutigen Recyclingtechnologien nicht zu hochwertigen Materialien
aufbereitet und zirkulär genutzt werden und landen stattdessen häufig auf
Deponien oder werden energetisch verwertet. Die EFSA definiert zudem die
zulässigen Ausgangsmaterialien für Rezyklate, die in direktem Lebensmittelkontakt
wiederverwendet werden dürfen.
Bislang werden jedoch die Abfallströme von Nicht-
lebensmittel- und Lebensmittelverpackungen nicht getrennt, wodurch die
Rezyklate meist die strengen EU-Anforderungen für die Verwendung im
Lebensmittelbereich nicht erfüllen. Um die Ziele des EU Green Deals zu
erreichen, besteht ein entscheidender Bedarf an innovativen und nachhaltigen Verpackungslösungen
(Design for Recycling) und modernen Recyclingtechnologien, um die Materialien
effizienter aufbereiten zu können.
Darüber hinaus bedarf es einer wachsenden
Bereitschaft aller Akteure, vom Verbraucher über den Recycler bis hin zum
Hersteller, seinen persönlichen Beitrag zu leisten – sei es durch bessere
Mülltrennung, Investitionen in modernste Recyclingtechnologien oder den Einsatz
von Rezyklaten bei der Herstellung neuer Produkte. Denn nur, wenn alle an einem
Strang ziehen und das gleiche Ziel verfolgen, lässt sich der Kreislauf
schließen.
Neues E-Book: Die Kreislaufwirtschaft - Herausforderungen und Chancen für Recycler und Kunststoffverarbeiter
In diesem umfassenden E-Book erhalten Sie Einblick in die wichtigsten Faktoren der Circular Economy. Dabei betrachten wir insbesondere das Ziel der Schaffung einer Kreislaufwirtschaft, die nicht nur für Mensch und Umwelt sondern auch für Recycler, Kunststoffhersteller- und Verarbeiter profitabel sein muss.